Notizen zu politischer Ökonomie
Was zeichnet eine liberale Wirtschaftsordnung aus?
In einer liberalen Wirtschaftsordnung herrscht grundsätzlich das freie Marktprinzip als oberste Handlungsmaxime. Staatliche Aktionen dienen dazu, die freie Entfaltung des Marktes zu sichern, und nicht etwa dazu, den Markt zu regulieren, wie es tendenziell in einer koordinierten Wirtschaftsordnung der Fall wäre.
Daraus ergeben sich Folgen für die unterschiedlichen Wirtschaftsbereiche: am Arbeitsmarkt herrschen höhere Fluktuation und geringere Absicherung durch sozialstaatliche Strukturen als in organisierten Ökonomien. Arbeitnehmer:innen müssen sich auf häufigere Jobwechsel einstellen, was sich auch in den Ausbildungssystemen bemerkbar macht: in liberalen Ökonomien wird bei der Ausbildung mehr Wert auf eine breite Basis gelegt als auf einen hohen Grad von Spezialisierung, wodurch Arbeitnehmer:innen flexibler mit Jobwechseln umgehen können.
Zwischen Unternehmen besteht weniger Kooperation als in koordinierten Marktwirtschaften, somit entspinnt sich ein stärkerer Wettbewerb. Dies zeigt sich auch in der Art der Innovationen, die in der liberalen Ordnung vorherrschend ist: im Gegensatz zu den koordinierten Ökonomien, bei denen inkrementelle Innovationen häufiger zu finden sind, kommt es hier häufiger zu radikalen Innovationen.
Was die Finanzsysteme angeht, spielen in liberalen Ordnungen die Aktienmärkte eine größere Rolle; nicht zuletzt bei der Unternehmensfinanzierung. Somit führt eine liberale Handhabung zu größeren Risiken auf der einen Seite, zu mehr Flexibilität auf der anderen Seite. Daraus ergibt sich, wie etwa in den letzten Jahrzehnten in den USA, auch eine größere Rolle von Anteilseigner:innen bei der Kontrolle von Unternehmen und weniger Mitbestimmung von Arbeitnehmer:innen.
Wie hat sich die Produktion und Distribution von Gütern zwischen 1980 und 2020 verändert?
Die Produktion und Distribution von Gütern war in den letzten Jahrzehnten einigen Veränderungen in technischer und organisatorischer Hinsicht ausgesetzt. Nach dem Rückgang fordistischer Produktionssysteme sind transnationale Unternehmen und global agierende Produktionsnetzwerke erstarkt, begünstigt durch technische Fortschritte z.B. im Bereich der Transportsysteme – zu nennen wären hier etwa die Ausweitung des Flugverkehrs oder die Einführung des Containers in der Schifffahrt – und der Kommunikation, die über Satelliten und später das Internet Auftrieb erhielt. Hierbei kann man vom 5. Kondratieff-Zyklus sprechen: die moderne Informationstechnologie sorgt für einen Aufschwung ähnlich denjenigen, die durch die Erfindung der Dampfmaschine oder der Elektrotechnik entstanden.
Während in fordistischen Systemen die modulare Produktion zwar schon eine Rolle spielte, fand doch ein Großteil der Produktion noch unter dem Dach eines einzelnen Unternehmens statt. Seit den 80er-Jahren haben sich hingegen zunehmend globale Wertschöpfungsketten etabliert: Teile eines Produktes werden von den verschiedensten Zuliefererfirmen gefertigt und verbaut, um dann schließlich vom Mutter-Unternehmen vertrieben zu werden. Dieses nutzt dabei die geringeren Löhne in den Produktionsländern aus. Neben dem Vertrieb ist das Mutter-Unternehmen in der Regel für Forschung, Entwicklung und Design zuständig ist und kann somit den größten Wert aus der Produktion abschöpfen.
Vorteile für die Länder, in denen die Zuliefererfirmen ansässig sind, können durch Informationstransfer oder Direktinvestitionen von ausländischen Firmen entstehen. Mitunter werden Arbeitsplätze geschaffen bzw. gesichert. Dagegen sorgt die Verlagerung von Produktionsprozessen ins Ausland häufig für Unmut unter den Arbeitnehmer:innen in den Heimatländern der international agierenden Unternehmen, da sie ihre Arbeitsplätze durch die billigere Konkurrenz im Ausland bedroht sehen.
Was sind Institutionen und wieso sind sie für die Analyse politischer Ökonomien wichtig?
Unter Institutionen kann man Handlungsmuster verstehen, die in eine feste Form gebracht wurden. Sie sorgen für einen geregelten Ablauf von wirtschaftlichen Prozessen. Beispiele wären etwa Gewerkschaften, Handelsunionen, der Internationale Währungsfonds oder die Europäische Zentralbank, aber auch ein Staat oder die New Yorker Börse lassen sich als Institutionen begreifen, insofern die dort getätigten Aktionen festen Handlungsmustern folgen.
Anhand der Analyse von Institutionen, ihrem Zusammenspiel und den zwischen ihnen bestehenden Koordinationsschwierigkeiten lassen sich Charakteristiken von Wirtschaftsordnungen erkennen. Auch eine vergleichende Perspektive kann sich an den Institutionen in verschiedenen Formen des Kapitalismus orientieren, um Unterschiede und Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Ebenso lässt sich der historische Wandel von kapitalistischen Wirtschaftsordnungen am Wandel bzw. der Einführung oder dem Abbau von Institutionen untersuchen. Beispielsweise kann eine Untersuchung der Funktionsweise des IWF nützlich sein, um zu verstehen, wie sich die politisch-ökonomische Situation seit seiner Errichtung im Rahmen des Bretton-Woods-Abkommens verändert hat. Um ein anderes Beispiel heranzuziehen: die Gründung der WTO kann als deutliches Zeugnis einer Liberalisierung und Ausweitung der weltweiten Handelsbeziehungen in den 80er- und 90er-Jahren verstanden werden. Auch die Betrachtung von Beziehungen zwischen verschiedenen Institutionen können sinnvoll sein, etwa um zwischen liberalen und organisierten Marktwirtschaften zu unterscheiden: in einer liberalen Wirtschaftsordnung agieren Unternehmen beispielsweise eher unabhängig von Arbeitnehmer:innen und folgen tendenziell einer „Hire-and-fire“-Strategie, während in koordinierten Wirtschaftssystemen eine stärkere Zusammenarbeit gepflegt wird zwischen Unternehmen, Gewerkschaften und Aufsichtsräten, an denen auch Mitarbeiter:innen beteiligt sind.