Warum ich 2024 noch einen Blog schreibe

Ich bin in einem Dorf aufgewachsen, in dem es lange Zeit keinen guten Internetanschluss gab. Als Teenager musste ich, um ins Internet zu gehen, einen Surf-Stick mit begrenztem Datenvolumen benutzen – auf YouTube versacken, online spielen oder auf SchülerVZ und ICQ rumhängen war da nicht drin. WLAN gab es zuhause erst, als ich schon ausgezogen war. Dies führte zusammen mit teils eher Internet-skeptischen Einstellungen in der Familie dazu, dass ich lange Zeit keine sozialen Medien verwendet habe, während das für meine Freundys1 schon ganz selbstverständlich war.

Statt mich anderen in Posts oder Fotos mitzuteilen und digitalen Kontakt zu Freundys zu pflegen, schrieb ich zuhause für mich selbst (sowohl handschriftlich als auch am PC): komische kleine Kurzgeschichten, cheesy Fanfiction, manchmal auch ein unbeholfenes Gedicht und vor allem viele, viele Tagebucheinträge. Diese „Werke“ gab ich manchmal bestimmten, bewusst ausgewählten Freundys und Familienmitgliedern zu lesen. Ich überlegte mir genau, mit wem ich welche Geschichten und Gedanken teilen wollte, oder eben auch nicht. Diese besondere Vorsicht kam vermutlich auch daher, dass meine Interessen in der Regel nicht gerade dem Mainstream entsprachen – Shakespeare-Stücke, die Beatles, die Bücher von Tolkien, klassische Musik – und dass diese Interessen sich durchaus zu Obsessionen entwickeln konnten, die mir manchmal schon vor mir selbst ein bisschen peinlich waren.

Ich glaube, dass ich mich immer noch nicht daran gewöhnt habe, mich öffentlich mitzuteilen. Mittlerweile benutze ich zwar einige soziale Medien, aber das beschränkt sich meistens auf Daumen-hoch- und Herzchen-Klicks. Es fällt mir immer noch schwer, etwas zu posten oder zu kommentieren.

Ein längerer Text wie dieser hier fühlt sich für mich sicherer an als ein Post, der nur soundsoviele Zeichen enthalten kann. Ich kann hier besser darauf acht geben, dass ich nicht missverstanden werde, ich kann Texte im Nachhinein ändern, wenn sie mir nicht mehr gefallen, ich kann mir so viel Platz nehmen, wie ich brauche, um etwas zu beschreiben. Und ich sehe nicht, wie viele Leute meine Texte lesen oder liken, und vergleiche mich nicht mit anderen.

All das bedeutet aber nicht, dass ich mich nicht freue, wenn ihr meine Posts und Texte lest und Gedanken dazu habt! Wenn ihr Lust habt, euch mit mir über etwas auszutauschen, könnt ihr gerne das Kontaktformular benutzen.


  1. Ähm… was? ↩︎